Donnerstag, 18. August 2022

Was hat zum katastrophalen Fischsterben in der Oder geführt?

In diesem Artikel möchte ich der Frage nachgehen, was zum massiven Fischsterben in der Oder geführt haben könnte. Dabei werde ich die neuesten Erkenntnisse zu einem Gesamtbild zusammenfügen, das mir aus wissenschaftlicher Sicht derzeit am plausibelsten erscheint.

 




Messwerte aus Frankfurt an der Oder

Betrachtet man die Messwerte der letzten Tage aus Frankfurt/Oder im Detail, fällt auf, dass es ab dem 07.08.2022 zu einer gravierenden Änderung verschiedener Parameter gekommen ist. Der pH-Wert ist sprungartig in den basischen Bereich geschossen. Zeitgleich nahm auch die elektrische Leitfähigkeit des Wassers zu, was auf einen erhöhten Salzgehalt schließen lässt. Die Trübung nahm ebenfalls zu, was auf vermehrte Schwebstoffe im Wasser zurückzuführen sein dürfte. Ein weiterer Anstieg war bei der UV-Absorption bei 254 nm zu beobachten. Hier könnten organische Substanzen in Betracht gezogen werden. Irritierend erscheint zunächst, dass gleichzeitig auch der Sauerstoffgehalt dramatisch zunahm, dieser korrelierte mit einer Zunahme des Gesamtchlorophylls im Wasser. Eine Abnahme war hingegen bei dem Nitrat-Stickstoff zu beobachten.

 

Was haben diese Messwerte mit Mikroalgen zu tun?

Die neueste Meldung kam vom Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB). Offenbar wurde eine massive Algenblüte mit 200 Mikrogramm pro Liter und mehr als 100.000 Zellen pro Milliliter Wasser in der Oder festgestellt. Dabei handelt es sich um die Mikroalge namens Prymnesium parvum. Diese spezielle Art hat einen interessanten Lebenszyklus. Sie verfügt über Chloroplasten und kann Sauerstoff mittels Photosynthese produzieren. Zudem ernährt sie sich auch heterotroph, sie kann unter bestimmten Bedingungen also andere Organismen über Phagozytose fressen. Normalerweise kommt diese Mikroalgen-Art im Brackwasser vor, das einen höheren Salzgehalt aufweist. Weiterhin benötigt P. parvum einen basischen pH-Wert. Treffen beide Parameter aufeinander und ist zusätzlich die Wassertemperatur erhöht, so wie es in der Oder bei Frankfurt/Oder ab dem 07.08.2022 zu beobachten war, kann es zu einer explosionsartigen Vermehrung dieser Mikroalge kommen. Ein exponentieller Anstieg der Zelldichte hängt somit direkt und bis zu einer gewissen Grenze vom ansteigenden Salzgehalt und von einem basischen pH-Wert ab. Weiterhin würden die Stickstoff-Nitrat-Werte bei einer exponentiellen Algenvermehrung schlagartig abnehmen und das Gesamtchlorophyll würde stark zunehmen. Das lässt sich einfach erklären, weil Nitrat von den Algen verbraucht wird und Chlorophyll bei Photosynthese-aktiven Organismen vorkommt. Hierdurch lässt sich auch der erhöhte Sauerstoffgehalt im Wasser erklären, der im heißen Sommer theoretisch geringer ausfallen sollte, da warmes Wasser weniger Sauerstoff lösen kann.

 

Warum sterben ausgerechnet jetzt die Fische?

Eine weitere Besonderheit dieser Algenart ist ihre Eigenschaft, bestimmte Toxine bilden zu können, die unter Prymnesine zusammengefasst werden. Diese Toxine werden unter Umweltstress gebildet. Der eigentliche Zweck dieser Toxine besteht vermutlich darin, andere Konkurrenten in ihrem Wachstum zu hemmen oder Beutetiere für die Phagozytose zu lähmen, um sie anschließend fressen zu können. In einem Ökosystem konkurrieren verschiedene Organismen stets um ähnliche Ressourcen, mittels Toxin-Bildung kann sich die Mikroalge P. parvum somit ein Vorteil gegenüber ihren Nahrungskonkurrenten verschaffen. Interessant ist auch, dass diese Prymnesine erst in Kombination mit den im Wasser befindlichen Kationen wie Magnesium-Ionen oder Calcium-Ionen ein effektiv wirksames Toxin bilden können. So hängt die Effektivität des Toxins auch von der Zusammensetzung des Wassers und dem jeweiligen Mikroalgen-Stamm ab. Fakt ist jedoch, dass dieses Toxin für Fische besonders tödlich ist.

 

Was hat das Algenwachstum mit der Zementindustrie zu tun?

Der niedrige Wasserstand der Oder, hervorgerufen durch die außergewöhnliche Dürre in ganz Europa, hat zu dieser Tragödie maßgeblich beigetragen. Wenn die Durchflussmenge im Fluss reduziert ist, können bereits stattfindende Einleitungen von Abwässern zu sehr viel höheren Konzentrationen von schädlichen Substanzen führen. Weiterhin wird der Fluss träge, er staut sich unterhalb der Schadstoffeinleitungen und in diesen Staubereichen mit geringem Durchfluss kann dann unter hoher Sonneneinstrahlung eine exponentielle Vermehrung von Toxin-bildenden Mikroalgen  wie P. parvum stattfinden. Kommt es in diesen Staubereichen dann zu einem basischen pH-Wert und einem hohen Salzeintrag durch Abwässer aus der polnischen Bergbau- und Zementindustrie, wo ich als potentielle Quellen die Firmen Cementownia Odra SA in Opole oder KGHM in Glogau im Verdacht habe, setzen die oben beschriebenen exponentiellen Wachstumsvorgänge ein. So ist beispielsweise Calciumhydroxid ein basisches Salz, das im Wasser gebildet wird und den pH-Wert erhöht, sobald noch nicht gelöschter Branntkalk (Calciumoxid) durch das Einleiten von Abwässern aus der Zementindustrie stattfindet. Was unter normalen Pegelständen jahrelang vielleicht nicht aufgefallen wäre, verschärft sich jetzt durch den Klimawandel und die extrem niedrigen Wasserstände zusätzlich. Die Calcium-Ionen tragen dann wiederum zu einer erhöhten Leitfähigkeit des Wassers bei und sie erhöhen die schädliche Wirkung des Prymnesin-Toxins. Leider ist dieses Toxin für Fische stark toxisch, für den Menschen und andere Säugetiere aber zum Glück nicht weiter gefährlich, da die Magensäure das Toxin weitestgehend zerstört. Fische hingegen leiden unter einer fehlerhaften Osmoregulation, wenn das Toxin im basischen Milieu über die Kiemen in ihren Blutkreislauf gelangt. Folglich werden die Organe geschädigt und der Fisch stirbt unter qualvollen Symptomen, die einem Sauerstoffmangel gleichkommen. 


Was bedeutet das für die Zukunft der Oder?

Meine Vermutung ist, dass es auch zukünftig wieder zu ähnlichen Umweltkatastrophen in den Gewässern der Oder kommen wird. Insbesondere in den Sommermonaten werden sich die Mikroalgen bei ansteigendem pH-Wert und Salzgehalt erneut explosionsartig vermehren, im schlimmsten Fall sogar in den Einzugsgewässern und Mündungsbereichen der Oder. P. parvum kann auch sogenannte Zysten bilden, bei denen der Stoffwechsel eingeschränkt bleibt. Diese Dauerformen vermehren sich immer nur dann erneut, wenn sich die Wasserqualität entsprechend zu ihren Gunsten verschiebt. Vermutlich kam diese Mikroalgen-Art durch das Frachtwasser von Containerschiffen in die Oder, das beim Be- und Entladen der Fracht ausgetauscht wird und bei unsachgemäßer Aufbereitung zu einer Kontamination der Umwelt führen kann. Hervorzuheben ist hier auch der weltweite Kohlehandel, der natürlich auch in Polen eine große Rolle spielt und insbesondere im Bereich um Opole für eine Verschleppung der invasiven Mikroalgen-Art gespielt haben könnte. Für die angrenzenden Fischer, den Tourismus und für uns Angler sind das keine guten Aussichten. Ich kann mich noch gut an die Zeit als Kind erinnern, als ich mit meinem Vater regelmäßig zur Oder gefahren bin. Beim Nachtangeln konnten wir viele verschiedene Fischarten fangen. Ich befürchte, dass diese Artenvielfalt in Zukunft gestört bleiben wird. Dennoch wird der Fluss irgendwann zu seinem natürlichen Gleichgewicht zurückfinden, ob nun mit oder ohne uns Menschen. Denn letztendlich sind wir es mit unserem Lebensstil, die eine Mitverantwortung für solche Katastrophen tragen. Wir fördern indirekt die umweltschädlichen Industrien durch unseren Konsum und pumpen Unmengen an Treibhausgase in die Atmosphäre. Dadurch verschärfen sich die Auswirkungen der Klimakrise in Form von Dürren und niedrigen Pegelständen.



Sonntag, 5. Juni 2022

Maifliegenzeit am Wiesenbach

Auf meinem YouTube-Kanal "FliegenfischenTV" gibt es ein neues Video über das Fliegenfischen mit der Trockenfliege auf steigende Bachforellen. Schaut gerne mal rein :)


Anfang Juni hatte ich es endlich mal wieder mit der Fliegenrute ans Wasser geschafft. Die Maifliegen schlüpften und die Forellen waren am Steigen. Ich konnte den Tag mit meinem iPhone 13 mini filmen. Auf eine Action Cam habe ich verzichtet, das Ergebnis kann sich trotzdem sehen lassen. 

Anbei noch ein paar Impressionen vom Tag als kleine Fotoserie:








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